Heemweh
Ich wees net was die Ursach is —
Wees net, warum ich’s dhu:
’N jedes Johr mach ich der Weg
Der alte Heemet zu;
Hab weiter nix zu suche dort —
Kee’ Erbschaft un kee’ Geld;
Un doch treibt mich des Heemgefiehl
So schtark wie alle Welt;
Nor’d schtärt ich ewe ab un geh,
Wie owe schun gemeldt.
Wie nächer dass ich kumm zum Ziel,
Wie schtärker will ich geh,
For eppes in mei’m Herz werd letz
Un dhut m’r kreislich weh.
Der letschte Hiwel schpring ich nuf,
Un ep ich drowe bin,
Schtreck ich mich uf so hoch ich kann
Un guk mit Luschte hin;
Ich seh’s alt Schtee’haus dorch die Beem,
Un wott ich wär schun drin.
Guk, wie der Kicheschornschtee’ schmokt —
Wie oft hab ich sell g’seh’,
Wann ich draus in de Felder war,
’N Buwele jung un klee’.
O, sehntscht die Fenschterscheiwe dort?
Sie guk’n roth wie Blut;
Hab oft cunsiddert, doch net g’wisst,
Dass sell die Sunn so dhut.
Ja, manches wees ’n Kind noch net —
Wann’s dhet, wär’s ah net gut!
Wie gleich ich selle Babble Beem,
Sie schtehn wie Brieder dar;
Un uf’m Gippel — g’wiss ich leb!
Hockt alleweil ’n Schtaar!
’S Gippel biegt sich — guk, wie’s gaunscht —
’R hebt sich awer fescht;
Ich seh sei’ rothe Fliegle plehn,
Wann er sei’ Feddere wescht;
Will wette, dass sei’ Fraale hot
Uf sellem Baam ’n Nescht!
O, es gedenkt m’r noch gans gut,
Wo selle werri Beem
Net greeser als ’n Welschkornschtock
Gebrocht sin worre heem.
Die Mammi war an’s Grändäd’s g’west,
Dort ware Beem wie die;
Drei Wipplein hot sie mitgebrocht,
Un g’sa’t: „Dort blanscht sie hie.”
M’r hen’s gedhu’ — un glaabscht du’s nau —
Dort selli Beem sin sie!
Guk! werklich, ich bin schier am Haus! —
Wie schnell geht doch die Zeit!
Wann m’r so in Gedanke geht,
So wees m’r net wie weit.
Dort is d’r Schap, die Welschkornkrip,
Die Seiderpress dort draus;
Dort is die Scheier, un dort die Schpring —
Frisch quellt des Wasser raus;
Un guk! die sehm alt Klapbord-Fens,
Un’s Dheerle vor’m Haus.
Alles is schtill — sie wisse net,
Dass epper fremmes kummt.
Ich denk, der alte Watsch is dodt,
Sunscht wär er raus gedschumpt;
For er hot als verschinnert g’brillt
Wann er hot ’s Dheerle g’heert;
Es war de Träw’lers kreislich bang,
Sie werre gans verzehrt:
Kee’ G’fohr — er hot paar Mol gegauzt,
Nor’d is er umgekehrt.
Alles is schtill — die Dheer is zu!
Ich schteh, besinne mich!
Es rappelt doch en wenig nau
Dort hinne in der Kich.
Ich geh net nei — ich kann noch net!
Mei’ Herz fiehlt schwer un krank;
Ich geh ’n wenig uf die Bortsch,
Un hock mich uf die Bank;
Es seht mich niemand, wann ich heil,
Hinner der Drauwerank!
Zwee Blätz sin do uf däre Bortsch,
Die halt ich hoch in Acht,
Bis meines Lebens Sonn versinkt
In schtiller Dodtes-Nacht!
Wo ich vum alte Vaterhaus
’S erscht mol bin gange fort,
Schtand mei’ Mammi weinend da,
An sellem Rigel dort;
Un nix is mir so heilig nau
Als grade seller Ort.
Ich kann se heit noch sehne schteh,
Ihr Schnuppduch in d’r Hand;
Die Backe roth, die Aage nass —
O, wie sie doch do schtand!
Dort gab ich ihr mei’ Färewell,
Ich weinte als ich’s gab,
’S war’s letschte Mol in däre Welt,
Dass ich’s ihr gewe hab!
Befor ich widder kumme bin
War sie in ihrem Grab!
Nau, wann ich an mei’ Mammi denk,
Un meen, ich dhet se seh,
So schteht sie an dem Rigel dort
Un weint, weil ich wek geh!
Ich seh sie net im Schockelschtuhl!
Net an keem annere Ort;
Ich denk net an sie als im Grab:
Juscht an dem Rigel dort!
Dort schteht sie immer vor mei’m Herz
Un weint noch liebreich fort!
Was macht’s dass ich so dort hi’ guk,
An sell End vun der Bank!
Weescht du’s? Mei’ Herz is noch net dodt,
Ich wees es, Gott sei Dank!
Wie manchmal sass mei Dady dort,
Am Summer-Nochmiddag,
Die Hände uf der Schoos gekreizt,
Sei Schtock bei Seite lag.
Was hot er dort im Schtille g’denkt?
Wer mecht es wisse — sag?
V’rleicht is es ’n Kindheets-Draam,
Dass ihn so sanft bewegt;
Oder is er ’n Jingling jetz,
Der scheene Plane legt!
Er hebt sei’ Aage uf juscht nau
Un gukt weit iwer’s Feld;
Er seht v’rleicht d’r Kerchhof dort,
Der schun die Mammi helt!
Er sehnt v’rleicht nooch seiner Ruh
Dort in der bessere Welt!
Ich wees net, soll ich nei’ in’s Haus,
Ich zitter an d’r Dheer!
Es is wol alles voll inseid,
Un doch is alles leer!
’S is net meh heem, wie’s eemol war,
Un kann’s ah nimme sei;
Was naus mit unsere Eltere geht
Kummt ewig nimme nei’!
Die Freide hot der Dodt geärnt,
Das Trauerdheel is mei’!
So geht’s in däre rauhe Welt,
Wo alles muss vergeh!
Ja, in der alte Heemet gar
Fiehlt m’r sich all allee’!
O, wann’s net vor der Himmel wär,
Mit seiner scheene Ruh,
Dann wär m’r’s do schun lang verleedt,
Ich wisst net, was ze dhu.
Doch Hoffnung leichtet meinen Weg
Der ew’gen Heemet zu.
Dort is ’n schee’, schee’ Vaterhaus,
Dort geht m’r nimmeh fort;
Es weint kee’ guti Mammi meh’
In sellem Freideort.
Kee’ Dady such meh’ for ’n Grab,
Wo, was er lieb hat, liegt!
Sell is kee’ Elendwelt wie die,
Wo alle Luscht betriegt;
Dort hat das Lewe ewiglich
Iwer der Dodt gesiegt.
Dort find m’r, was m’r do verliert,
Un b’halt’s in Ewigkeit;
Dort lewe unsre Dodte all.
In Licht un ew’ger Freid!
Wie oft, wann ich in Druwel bin,
Denk ich an selli Ruh,
Un wott, wann’s nor Gott’s Wille wär,
Ich ging ihr schneller zu;
Doch wart ich bis mei’ Schtindle schlägt,
Nor’d sag ich — Welt, adju!
Literatur
Ennere- Henry Harbaugh, Benjamin Bausman (ed.) (1870). Harbaugh's Harfe: Gedichte in Pennsylvanisch-Deutscher Mundart. Philadelphia: Reformed Church Publication Board.